Stadtnachricht
Familienorientierte Personalentwicklung
Vereinbarkeit von Pflege und Beruf
21.04.2016
Die Menschen im oberen Murrtal werden immer älter und die Pflegebedürftigkeit wird laut Statistischem Bundesamt die nächsten 15 Jahre um 50% ansteigen. Für die Versorgung dieser Menschen werden alle jetzigen und zukünftigen Pflegekräfte dringend benötigt. Unter diesem Aspekt gilt es schon heute die MitarbeiterInnen zu informieren, wie der Spagat zwischen der eigenen beruflichen Tätigkeit und der Pflege der Angehörigen bewältigbar ist.
Nicht mehr nur die Kinderbetreuung ist mittlerweile Gegenstand der innerfamiliären Aufgabenteilung geworden, häufig ist es die Betreuung und Pflege der Elterngeneration. Fatal wird die Situation, wenn beides zusammenkommt: Wenn die Großeltern bisher Unterstützung in der Betreuung der Kinder leisten konnten und diese wegfällt, weil sie selbst pflegebedürftig geworden sind, potenziert das die Belastung der „mittleren Generation“ um ein Vielfaches. Dazu kommt, dass die Einsicht in die Notwendigkeit der Unterstützung der Elterngeneration noch lange nicht so stark im Bewusstsein der Gesellschaft verankert ist wie die der Kinderbetreuung. Das führt dazu, dass sich pflegende Angehörige nach wie vor scheuen, ihre Doppelbelastung vor dem Chef und den Kollegen „zuzugeben“, weil sie fürchten, als weniger leistungsfähig eingestuft zu werden.
Es liegt auf der Hand, dass derart eingebundene MitarbeiterInnen nicht mehr alle ihre Kraft und Aufmerksamkeit auf berufliche Belange richten können. Die Doppelbelastung zehrt an den Kräften der pflegenden Angehörigen, im schlimmsten Fall wird diese kontinuierlich weniger und die Fehlzeiten am Arbeitsplatz werden mehr.
Der Gesetzgeber hat reagiert und seit dem 1.1.2015 Neuerungen im Pflegezeitgesetz und Familienpflegezeitgesetz vorgenommen, um die Vereinbarkeit von Familie, Pflege und Beruf zu ermöglichen. Gleichzeitig soll hiermit die häusliche Pflege gestärkt werden.
Fr. Wiedenmann erläuterte die 3 wichtigsten Neuerungen:
- Angehörige haben die Möglichkeit bei akut auftretenden Pflegesituation 10 Tage vom Arbeitsplatz fernzubleiben, um eine bedarfsgerechte Pflege zu organisieren oder eine pflegerische Versorgung in dieser Zeit sicherzustellen. Dafür erhalten sie auch eine Lohnersatzleistung, wenn (noch) keine Pflegeeinstufung besteht.
- Sobald eine Pflegeeinstufung vorliegt, haben Angehörige weitere Möglichkeiten:
- a) Angehörige können Pflegezeit beantragen und bis zu 6 Monate ganz oder teilweise aus dem Beruf aussteigen. Hier besteht die Möglichkeit ein zinsloses Darlehen zu beantragen, um Einkommensverluste abzufedern.
- b) Angehörige können bis zu 24 Monate Familienpflegezeit beantragen, wenn nahe Angehörige länger pflegebedürftig sind. Auch hier kann ein zinsloses Darlehen beantragt werden.
In der Praxis werde v.a. die bis zu 10- tägige Freistellung genutzt, so ihre Erfahrung in der Beratungspraxis beim Pflegestützpunkt.
Pflege- und Familienpflegezeit werde nur selten genommen, die finanziellen Ausfälle der pflegenden Angehörigen werden oft als Hindernis gesehen.
Für Vorstand Thomas Nehr von Diakonie ambulant hat sich der Vortrag jetzt schon „gelohnt“, sind doch die MitarbeiterInnen in Pflege und Therapie prädestiniert im Pflegefall in die Doppelbelastungs-Falle zu tappen.
„Durch die Informationen von Fr. Wiedenmann können wir im Ernstfall alle betrieblichen und gesetzlichen Möglichkeiten untersuchen und so zur bestmöglichen Lösung für MitarbeiterIn und Betrieb kommen.“
Weitere Informationen unter:
www.wege-zur-pflege.de oder
das Servicetelefon des Bundesfamilienministeriums Telefon 030- 201 791 31.
(Bild: Frau Wiedemann (Diplom-Sozialpädagogin BA) vom Pflegestützpunkt Waiblingen )
Diakonie ambulant