Starkregen
Starkregenrisikomanagement der Stadt Murrhardt
Die Auswirkungen von Extremwetterereignissen wie Sturzfluten und Hochwasser waren in letzter Zeit und den letzten Jahren auch in Murrhardt spürbar. Auf Grund des Klimawandels ist zu erwarten, dass die Intensität und Häufigkeit von Extremwetterereignissen in Folge von Starkregen zunehmen werden.
Charakteristisch für ein Starkregenereignis sind hohe Niederschlagsintensitäten bei einer geringen Niederschlagsdauer. Oftmals handelt es sich dabei um Starkregenzellen mit einer kleinräumigen Ausdehnung. Daher ist üblicherweise nicht das gesamte Stadtgebiet von einem Starkregenereignis betroffen, sondern vielmehr einzelne Orts- oder Stadtteile. Die Folgen sind häufig überflutete Straßen und Grundstücke, vollgelaufene Keller und Tiefgaragen sowie ein sprunghaftes Ansteigen des Wasserspiegels in den Gewässern, sowie hydraulische Überlastungen der Kanalisation.
Um die Gefahr aufgrund starkregenbedingter Überflutungen und die notwendigen Vorsorgemaßnahmen zu erfassen, zu reduzieren und sogar vorzubeugen, hat die Stadt Murrhardt ein Starkregenrisikomanagement in Auftrag gegeben. Das Ingenieurbüro Winkler & Partner aus Stuttgart wurde mit der Ausarbeitung beauftragt. Die Fertigstellung des kommunalen Starkregenrisikomanagement der Stadt Murrhardt ist Mitte 2024 zu erwarten.
Die Erstellung des Starkregenrisikomanagements wird gefördert durch Zuwendungen des Landes Baden-Württemberg. Grundlage für die Förderung sind die Förderrichtlinien Wasserwirtschaft 2015, FrWw 2015.
Maßnahmen zur Starkregenvorsorge können nicht allein von der Stadt Murrhardt getragen und durchgeführt werden. Die Starkregenvorsorge stellt eine kommunale Querschnittsaufgabe dar, die einen intensiven Austausch (Informationsvorsorge) zwischen allen beteiligten Akteuren wie politische Entscheidungsträger, kommunale Fachämter, forst- und landwirtschaftliche Akteure, Fachplaner und Fachplanerinnen, Grundstückseigentümer und Grundstückseigentümerinnen, betroffene Bürger und Bürgerinnen sowie die Rettungs- und Einsatzkräfte des Katastrophenschutzes erfordert. Die Informationsvorsorge stellt daher das zentrale Element des Handlungskonzeptes im Rahmen des Starkregenrisikomanagements dar.
Wichtig dabei ist eine einfache und verständliche Kommunikation der Gefahrenlage und eine Bereitstellung von Informationen darüber, wie mit der daraus resultierenden Gefährdung umzugehen ist.
1. Unterschied Starkregen (Überflutung) –
Hochwasser (Überschwemmung)
- Starkregenereignisse (Überflutungen durch urbane Sturzfluten) sind lokal begrenzte Regenereignisse mit großer Niederschlagsmenge und hoher Intensität. Sie sind meist von sehr geringer räumlicher Ausdehnung und kurzer Dauer und stellen daher ein nur schwer zu kalkulierendes Überschwemmungsrisiko dar (Quelle: Arbeitshilfe Kommunales Starkregenrisikomanagement)
- Starkregenereignisse (Überflutungen aus dem Kanalnetz) liegen vor, wenn Schmutz- oder Regenwasser aufgrund von hydraulischen Überlastungen aus einem Entwässerungssystem austritt oder nicht eintreten kann, es verbleibt auf der Oberfläche oder dringt auf naheliegende Grundstücke oder in Gebäude ein.
- Hochwasser (Überschwemmungen aus Gewässern) ist eine zeitlich beschränkte Überschwemmung von normalerweise nicht mit Wasser bedecktem Land, insbesondere durch oberirdische Gewässer (Flüsse, Bäche)
2. Projektumsetzung Starkregenrisikomanagement
a) Hydraulische Gefährdungsanalyse
Stadtgebietsweite modellbasierte Ermittlung von Strömungsverhältnissen und maximalen Überflutungstiefen im Stadtgebiet für künstliche Starkregenszenarien; Erstellen von Starkregengefahrenkarten mit Darstellung der Überflutungsausdehnung, der maximalen Überflutungstiefe und der maximalen Fließgeschwindigkeiten im Simulationszeitraum.
b) Risikoanalyse
Analyse der Starkregengefahrenkarten zur Ermittlung betroffener Objekte und Siedlungsbereiche; Risikoermittlung und Risikobewertung für ausgewählte betroffene öffentliche Gebiete sowie kritische Infrastruktur.
c) Handlungskonzept
- Informationsvorsorge
- Flächenvorsorge
- Krisenmanagement
- Konzeption kommunaler baulicher Maßnahmen
3. Starkregengefahrenkarte
Um die unterschiedlichen Überflutungsgefährdungen in der Stadt Murrhardt anschaulich darzustellen, werden die Ergebnisse der Gefährdungsanalyse (sog. Starkregengefahrenkarten) visualisiert. Die Überflutungsausdehnungen und –tiefen, sowie Fließgeschwindigkeiten und -richtungen bei unterschiedlichen Starkregenintensitäten werden dargestellt.
Mit Hilfe der anschaulichen Visualisierung der Ergebnisse sollen Bürger und Bürgerinnen, Gewerbetreibenden, Eigentümer und Eigentümerinnen, Land- und Forstwirt:innen, Einrichtungen für Energieversorgung, Telekommunikation, Wasserversorgung, Feuerwehr, Rettungsdienst und Katastrophenschutz, Verkehrsinfrastruktur, Seniorenheime, Kitas und Krankenhäuser sowie Rettungs- und Einsatzkräften
- für das Thema „Starkregen“ sensibilisiert werden;
- über die potenziellen Überflutungsgefährdungen im Stadtgebiet informiert werden;
- auf mögliche Gefährdungspunkte an Gebäuden und auf Flächen aufmerksam gemacht werden;
- eine erste Anleitung zur Selbsthilfe erhalten.
4. Kann ich von Starkregen betroffen sein?
Aufgrund der topografischen Gegebenheiten im Gemarkungsgebiet der Stadt Murrhardt kann ein Gebäude in Hanglage oder in Tiefpunkten im Gelände durch schnell abfließendes Oberflächenwasser in großen Mengen genauso gefährdet sein wie ein Gebäude an einem Gewässer, welches Hochwasser führt. Im Sommer können ausgetrocknete Böden das Oberflächenwasser nur schlecht aufnehmen. Gleiches gilt für langanhaltende vorhergehende Niederschläge, welche den Boden sättigen, so dass dieser kein zusätzliches Wasser bei Starkregen mehr aufnehmen kann.
Hinzu kommt, dass große Mengen an plötzlich auftretendem Oberflächenwasser durch die Grundstücksentwässerung und die städtische Kanalisation nicht abgeleitet werden können. Kanäle können nicht für alle auftretenden Regenereignisse dimensioniert werden (Überstau aus dem Kanalnetz). Auch ein Versagen lokaler Grundstücksentwässerungsanlagen durch mangelnde Wartung (Verstopfung/Undichtigkeit Fallrohr) oder ungünstige Rahmenbedingungen kann zu starkregenbedingten Überflutungen führen.
Auch im öffentlichen Bereich kann das Oberflächenwasser möglicherweise nicht in die Kanalisation abgeführt werden. Straßeneinläufe können durch Schmutz verstopft bzw. durch bauliche Einrichtungen oder abgelagertes Schwemmgut verlegt sein. Dies führt dazu, dass das Oberflächenwasser sich einen neuen Weg sucht.
5. Verhalten bei Überflutungen und Überschwemmungen
Denken Sie in allererster Linie an sich und ihr Leben!
Betreten Sie keine überfluteten Räume und gehen oder fahren Sie nicht durch überflutete Unterführungen oder Straßen!
Je nach Wassertiefe und Fließgeschwindigkeit besteht Lebensgefahr!
Halten Sie sich mit Abstand zum Ufer auf!
6. Kann ich mich selbst schützen?
Wer ein Grundstück oder eine Immobilie besitzt oder eine Wohnung gemietet hat, trägt (Mit-) Verantwortung, in Eigenvorsorge Maßnahmen zum Schutz vor Überflutungen und Überschwemmungen vorzunehmen.
Um Gebäude und Grundstücke vor zufließendem Oberflächenwasser und drückendem Grundwasser sowie einem möglichen Rückstau aus dem Kanalnetz zu schützen, gibt es verschiedene Objektschutzmaßnahmen. Diese Maßnahmen sollen nicht als Einzel- sondern als Kombinationsmaßnahmen verstanden werden.
Als mögliche Objektschutzmaßnahmen eigenen sich beispielsweise:
- Konstruktive Erhöhung von Eingängen und Lichtschächten,
- Rückstausicherung im Kanalanschluss,
- Druckwasserdichte Fenster und Türen,
- Automatische Klappschotts und Schutztore,
- Vorhalten von Sandsäcken bzw. Dammbalkensysteme sowie
- Wasserdichte Auf- oder Einsatzelemente für Lichtschächte.
Für eine objektbezogene Überflutungsvorsorge bei Starkregenereignissen wird an dieser Stelle auf bereits bestehende Leitfäden und Informationsmaterialien verwiesen. Es stehen verschiedene Broschüren, Flyer und Handbücher zum Thema Starkregenvorsorge und Verhalten bei Starkregen zum Herunterladen im Internet zur Verfügung:
Starkregenvorsorge: |
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Wettervorhersage: |
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Verhaltensvorsorge: |
7. Allgemeine Sorgfaltspflichten nach § 5 des Gesetzes zur Ordnung des Wasserhaushaltes (Wasserhaushaltsgesetz, WHG)
(1) Jede Person ist verpflichtet, bei Maßnahmen, mit denen Einwirkungen auf ein Gewässer verbunden sein können, die nach den Umständen erforderliche Sorgfalt anzuwenden,
- um eine nachteilige Veränderung der Gewässereigenschaften zu vermeiden,
- eine mit Rücksicht auf den Wasserhaushalt gebotene sparsame Verwendung des Wassers sicherzustellen,
- die Leistungsfähigkeit des Wasserhaushalts zu erhalten und
- eine Vergrößerung und Beschleunigung des Wasserabflusses zu vermeiden.
(2) Jede Person, die durch Hochwasser betroffen sein kann, ist im Rahmen des ihr Möglichen und Zumutbaren verpflichtet, geeignete Vorsorgemaßnahmen zum Schutz vor nachteiligen Hochwasserfolgen und zur Schadensminderung zu treffen, insbesondere die Nutzung von Grundstücken den möglichen nachteiligen Folgen für Mensch, Umwelt oder Sachwerte durch Hochwasser anzupassen.