Johann Ferdinand Nägele
In Stichworten
- geboren am 24.05.1808 in Murrhardt
- gestorben am 25.11.1879 in Murrhardt
- Schlossermeister
- 1848 Abgeordneter der Nationalversammlung in der Paulskirche in Frankfurt
- Stiftungspfleger und Stadtrat
- Abgeordneter im Württembergischen Landtag
24. Mai 1808: Johann Ferdinand Nägele wurde als Sohn des Schlossermeisters Adam Nägele in Murrhardt geboren.
1816/17: Zwei gewaltige Missernten ließen viele Murrhardter am Hungertuch nagen. Der junge Nägele berichtete, dass man sich von Rüben, Wurzeln und Brennesselkraut ernährte.
In der Lateinschule erhielt Ferdinand eine fundierte Schulbildung und zeitweise trug er sich mit dem Gedanken, die Verwaltungslaufbahn einzuschlagen, doch nach dem Tod seines Vaters übernahm er das Schlossergeschäft.
Schon früh hatte er intensive Kontakte mit gebildeten jungen Leuten und Beamten am Ort. Er gab die handgeschriebene Zeitschrift „Tubus“ heraus, die durch aggressive, obrigkeitskritische Thesen auffiel und die nach 3 Monaten verboten wurde.
1829: F. Nägele war Mitgründer des Liederkranzes in Murrhardt, einer Vereinigung, die sich neben dem Gesang auch mit national-revolutionären Gedanken und Zielen befasste.
1841: F. Nägele wurde zum Stiftungspfleger in Murrhardt ernannt, er verwaltete die Finanzen der evangelischen Kirchengemeinde und war Mitglied im Kirchenkonvent.
1844: wurde er erstmalig in den Murrhardter Stadtrat gewählt.
Ein unmittelbarer Vorbote der Märzrevolutionen war das Krisenjahr 1847, dem eine schwere Mißernte 1846 vorausging. In den deutschen Staaten bedeutete dies eine Verteuerung der Lebensmittel, daraus folgend Hungersnöte und Hungerrevolten in fast allen Regionen. In Backnang war der Brotpreis als Folge der Mißernte auf das zweieinhalbfache gestiegen. Es wird berichtet, daß die Lebensbedingungen in Murrhardt noch schlechter waren. Konkurse und Zwangsverkäufe mehrten sich und Steuern konnten nicht mehr bezahlt werden. Bettelei, Eigentumsvergehen und Lebensmitteldiebstähle bis hin zum Raubmord nahmen stark zu.
Ferdinand Nägele war in der Zwischenzeit weit über die Grenzen des Bezirkes hinaus bekannt. Er hatte zwar keine parlamentarische Erfahrung, war aber schon im Gemeinderat der Stadt Murrhardt durch seine konsequente Bekämpfung von Mißständen in der Verwaltung, seinem Engagement für Arme und Unterdrückte sowie größere Abhandlungen in Zeitungen über die Gewerbefreiheit und die Beseitigung von Zunftzwängen aufgefallen.
Eine Kandidatur des Murrhardter „homo politicus“ lag nahe, doch er mußte sich als Handwerker zunächst mit anderen Kandidaten höchster Prominenz auseinandersetzen.
1848: Der Turnverein Murrhardt 1848 e.V. wurde unter Mitwirkung Näegeles gegründet
20. April 1848: Wählerversammlung in Spiegelberg. Oberamtsrichter Römer aus Weinsberg empfahl Ferdinand Nägele als Kandidaten.
Ostermontag 1848: Wählerversammlung in Weinsberg. Der Dichter Justinus Kerner rief der Versammlung zu:
„Nicht Doktors, nicht gelehrte Geister,Wir wählen diesen Schlossermeister!
Er schwing’ die Hämmer klein und groß,
Schlag Deutschland seine Fesseln los.“
1848: Ferdinand Nägele wurde von den Wählern des Wahlkreises Backnang in die deutsche Nationalversammlung entsandt. Er war einer von drei Handwerkern in diesem „Professorenparlament“. Die Frankfurter Nationalversammlung, die vom 18. Mai 1848 bis zum 31. Mai 1849 in der Frankfurter Paulskirche tagte, war das erste frei gewählte Parlament für ganz Deutschland. Ihr Zustandekommen war Bestandteil und Ergebnis der Märzrevolution in den Staaten des Deutschen Bundes. Ferdinand Nägele ließ sich weder von der Autorität noch von den Drohgebärden des württembergischen Königs Wilhelm einschüchtern und kämpfte wacker für die neuen demokratischen Freiheiten. Nägele schloss sich in der Paulskirche der großdeutschen Linken um Robert Blum an, er plädierte für die Einrichtung einer parlamentarischen Monarchie und für eine äußerst fortschrittliche Reichsverfassung, die bereits die Grundrechte des deutschen Volkes beschrieb.
Der Ausgang der Revolte ist bekannt. Die deutschen Fürsten erstickten die demokratische Freiheitsbewegung. Robert Blum wurde am 9. November 1848 in Wien hingerichtet. Ferdinand Nägele zog sich nach Murrhardt zurück, hielt aber an seinen Idealen fest und kämpfte weiter gegen die preußische Vormachtsstellung. Sein Arbeitsfeld war jetzt der württembergische Landtag, in den er bis 1868 sechsmal gewählt wurde.
1868: Nägele erklärte den Bau der Murrtalbahn zur „Lebensfrage“ und begab sich mit einer Abordnung zu König Wilhelm I. um die Angelegenheit weiterzubringen.
Nach dem Ausscheiden aus dem Landtag war Nägele 63 Jahre alt, die große Zeit seiner überregional bedeutenden Mandate war zu Ende. Er erfüllte seine Pflicht weiter im Gemeinderat der Stadt Murrhardt, wendete sich einem weiteren Problemkreis zu, der den Murrhardter Handwerkern zu schaffen machte: Die Versorgung mit Betriebskapital.
6. Juni 1869: Die Murrhardter Gewerbebank wurde unter Leitung Ferdinand Nägeles gegründet. Nägele wurde zum ersten Vorstand gewählt und blieb in diesem Amt bis zu seinem Tod.
April 1878: Murrhardt wurde an das württembergische Bahnnetz angeschlossen.
25. November 1879: Ferdinand Nägele starb an einer Lungenentzündung.